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Hip-Hop-Format „Unreleased“: Überrascht werden im Rap-Dschungel

Seit 2023 veranstalten die drei Rapper Fede 404, Frustra und Rei Moura die Hip-Hop-Reihe „Unreleased“. So erfolgreich, dass sie dieses Jahr sogar noch eingeladen wurde, eine Bühne auf dem Hip-Hop-Festival Splash! zu bespielen – eine Erfolgsgeschichte. Kein Wunder, denn das Konzept des Rapper-Trios ist stabil: geheimes Line-up, no-camera-policy, und jede:r Künstler:in spielt mindestens einen unveröffentlichten Track. Bekannte Künstler:innen wie Trettmann, Souly, Domiziana, Nura, Ansu, Max Herre und Joy Denalane bis hin zu Aitch und Nina Chuba sind schon aufgetreten – die Liste ist lang.

Rapper Naru im Lido bei einer „Unreleased“-Show. Foto: @saybyetoit
Rapper Naru im Lido bei einer „Unreleased“-Show. Foto: @saybyetoit

Mehr Zwischenstopp als Endstation: „Unreleased“ im Festsaal Kreuzberg

Im Monarch fand im Juni 2023 zum ersten Mal „Unreleased“ statt. Die kleine Bar direkt neben dem Kottbusser Tor in Kreuzberg ist ein beliebter Ort für kleine Gigs. Perfekt für Newcomer:innen und neue Projekte. Einziger Nachteil: Ein paar gutgemeinte Tanzeinlagen und qualmende Zigaretten reichen, um die Luft rasant zu verschlechtern. Die breite Fensterfront, die man so schön aus der vorbeifahrenden U-Bahn sehen kann, beschlägt und die Luft wird dünn. Nicht so angenehm an einem ausverkauften Abend.

So zog „Unreleased“ nach nur wenigen Monate ins Lido um. Doch auch dieser Veranstaltungsort, der für seine Konzerte und Indiepartys bekannt ist, wurde sehr schnell, sehr voll. Daraufhin verlegte das Rapper-Trio zum zweiten Mal in selben Jahr hoch. Nur knapp einen halben Kilometer die Schlesische Straße hinunter Richtung Treptow in den Festsaal Kreuzberg. Dort verweilt „Unreleased“ bis heute. Vorerst zumindest.

„Unreleased“ ist jeden Monat blitzschnell ausverkauft

Einmal im Monat, immer mittwochs ab 19.30 Uhr, öffnet der Club für „Unreleased“ seine Türen. Mit einer kleinen Ausnahmen, denn das Hip-Hop-Format wird am 14. Juni ein Jahr alt. Aus diesem Anlass wird die Veranstaltung auf Freitag, den 14. Juni gelegt.

Üblicherweise wird der Ticketverkauft immer am Tag nach der letzten Show um 18 Uhr online freigeschaltet. Innerhalb von wenigen Minuten ist das Event ausverkauft. Es werden keine Tickets zurückgehalten, kündigt das Trio immer schon in der Nacht zuvor auf der Bühne an. So ist es jeden Monat ein Rennen gegen die Zeit. Da hilft auch hochverlegen nichts. Der Festaal Kreuzberg war im Mai trotz großer Kapazität von laut eigenen Angaben 1500 Stehplätzen innerhalb von wenigen Minuten ausverkauft.

Seit dem vergangenen Jahr haben sich die Ereignisse für Fede 404, Frustra und Rei Moura überschlagen. Seitdem haben sie drei Venues bespielt und arbeiten mit dem Musikjournalisten Aria Nejati zusammen, der als deutscher Zane Lowe gilt. Nejati stellt jeden Monat in seinem Apple-Music-Format „Hyped Radio“ zwei Artists von „Unreleased“ vor. Mit solchem Rückenwind scheint die rasante Fahrt nach oben gar nicht mehr so mühselig. Es läuft!

Fede 404 (links) und Frustra (rechts) kündigen den nächsten Artist an. Foto: @ebeabebe

Bevor die Show gegen 21 Uhr beginnt, wird geraucht und getrunken, und schon mal ein guter Platz gesucht, von dem aus man gut sehen kann. Denn man weiß nie, wer an dem Abend auftreten wird. Wenn man Glück hat, erhascht man einen Blick in den rechten Bühnenaufgang, wo vielleicht schon ein Artist bereit steht. Der goldene Blick, bei einem geheimen Line-up. Vielleicht hat man auch in der Menge schon den ein oder anderen Artist gesehen, denn „Unreleased“ zeigt sich in der Angelegenheit hierarchiefrei: Hier chillen Artists mit Fans und Fans mit Artists.

Zwischendurch rennt ein Social-Media-Team umher und spielt das Spiel „Bewerte diesen Song“. So muss die Person vor der Kamera einen Song hören und diesen bewerten. Dann empfehlt sie einen neuen Song für die nächste Person und so weiter. Was für ein Hörspaß!

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„Unreleased“: Von New Wave- bis hin zu Straßen-Einflüssen

Gegen 21 Uhr beginnt dann die Show. Meistes sind es am gesamten Abend zehn bis zwölf Auftritte. Mit einer 30-minütigen Pause dauert ein „Unreleased“-Abend meist zweieinhalb Stunden. Eine lange Nummer, die auch schnell anstrengend werden kann. Mit ein paar Worten läutet das Veranstaltungstrio den Abend ein, inzwischen klingt das schon recht einstudiert. Profis halt.

Zusammen, immer abwechselnd, erklären sie das Konzept und wer dahintersteckt. Von Mega-Stars wie Max Herre und Nina Chuba bis hin zu bislang unbekannteren Rapper:innen wie Tjark und Venturathagay kommen hier alle auf einer Bühne zusammen. Jede:r rappt ein veröffentlichten Track, wenn sie überhaupt schon Musik veröffentlicht haben, und einen unveröffentlichten Track. Bei bekannteren Künstler:innen dürfen es auch mal drei Songs sein. Wie das Trio immer wieder betont: Das „Unreleased“-Publikum sei das beste in ganz Deutschland. Um das zu prüfen, wird immer wieder lautstark der Applaus geprobt, bevor der erste Auftritt beginnt. Sicher ist sicher, der Applaus muss sitzen, denn hier wird auch bei Textaussetzern lautstark gejubelt.

Überrascht werden im Rap-Dschungel

Auf der Bühne ist alles saftig grün. Die Oase aus hängenden Pflanzen ist inzwischen zum visuellen Erkennungsmerkmal von „Unreleased“ geworden. Passend zur dschungelähnlichen Ästhetik weiß man vorher nicht, wer aus dem Dickicht hervortreten wird, das Line-up ist geheim.

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In der Pause wird sich meist ausgetauscht: „Wer war am Besten?“, „Krass, dass sie den bekommen haben!“. Fünf bis sechs Acts pro Hälfte überfordern dann aber doch, da hilft oft auch eine Cola in der 30- minütigen Pause nicht mehr viel, die Konzentrationsspanne des Publikums nimmt bei der Länge irgendwann ab.

Die zweite Hälfte fühlt sich oft schneller an als die erste. Zum Schluss bedankt sich das Trio üblicherweise bei den Kooperationspartnern und weist auf die Sticker auf den Handys hin, die drei entschuldigen sich dafür, dass diese so schlecht abgingen. Handys müssen nämlich wie im Club abgeklebt werden. Es gebe aber an der Tür extra Reinigungstücher. Das Publikum wird nochmals zum Applaus aufgefordert, dieses mal für sich selbst. Die Abmoderation geht schließlich in ein DJ-Set über, wozu noch weitere ein bis zwei Stunden getanzt werden kann. Die meisten gehen aber direkt nach Hause. Es ist nämlich schon kurz vor Mitternacht, wenn „Unreleased“ vorbei ist.

Wenn ihr wissen wollt, wer alles schon da war, könnt ihr in der offiziellen „Unreleased“-Spotify-Playlist nachhören:

  • Unreleased“ im Festaal Kreuzberg Am Flutgraben 2, Alt-Treptow, Fr 14. Juni, ausverkauft, mehr Infos auf Instagram, am Tag nach der vorherigen Show startet der Vorverkauf für die nächste Ausgabe

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