Konzerte

Steve Lukather im Gespräch: So denkt der Toto-Gitarrist über den Hit „Africa“

Steve Lukather ist einer der berühmtesten und profiliertesten Studiomusiker der Popgeschichte. Ob Michael Jackson, Aretha Franklin oder George Benson – Lukather arbeitete mit den Größten zusammen. Vor seinem Auftritt mit Toto in der Zitadelle Spandau sprachen wir mit ihm über den neuen Streaming-Hype seiner Band, einen inhaltlichen Fehler in den „Africa“-Lyrics und was ihn nach fünf Jahrzehnten im Musikgeschäft noch immer antreibt.

Auch mit 66 Jahren noch eine Rock-Gewalt: Steve Lukather bei einem Auftritt mit Toto in München im Jahr 2023. Foto: Imago / Michaela Merk

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tipBerlin Hey Steve, wie geht es dir?

Steve Lukather Ich bin gerade in Dortmund und mir geht es fantastisch! Wir sind zurzeit auf Tour und haben vor kurzem in Luxemburg gespielt, vor 20.000 Leuten. Alle deutschen Konzerttermine sind entweder ausverkauft, oder kurz davor, und wir freuen uns sehr, nach Berlin zu kommen.

tipBerlin Wie bereitest du dich auf die Shows eurer „Dogz of Oz“ Tour vor? Hast du bestimmte Rituale vor dem Auftritt?

Steve Lukather Jeder hat da seinen eigenen Weg. Ich mache ein Gitarren-Warm-up, ein Warm-up für meine Stimme und Stretching. Dann essen wir was und bereiten uns gedanklich auf den Auftritt vor. Ich mache das schon so lange, dass es eine Selbstverständlichkeit für mich ist.

„Die Version von Toto, mit der wir gerade spielen, ist wahrscheinlich die, die am nächsten an die Studioaufnahmen rankommt“

Steve Lukather

tipBerlin Aber hat sich deine Vorbereitung auch durch die Jahre bei dir verändert?

Steve Lukather Ich mache immer noch dieselbe Routine wie in meiner ganzen Karriere. Jeder von uns hat seine eigenwilligen Gewohnheiten, um in den richtigen Modus zu kommen.

Die aktuelle Besetzung von Toto. Foto: Michelle Brody

tipBerlin Die Geschichte von Toto wurde von einigen Todesfällen und zwischenzeitlichen Trennungen überschattet. Keiner der drei Porcaro-Brüder spielt mehr für Toto. Was hält die Band noch am Laufen?

Steve Lukather Drei Millionen Streams am Tag, Kollege! (lacht). Und wir haben fast fünf Milliarden Streams insgesamt. Ich habe die besten Musiker zusammengestellt, die ich bekommen konnte, davon sind die meisten enge Freunde aus der Kindheit. Und ja, wir haben tragischerweise Jeff und Mike Porcaro verloren und das bricht mir jeden Tag das Herz. Aber wir halten unsere und deren Musik am Leben. Es aber geht nicht nur um mich. Ich habe die damaligen Konstellationen der Band verlassen, weißt du, es gab 20 Versionen von Toto und ich bin seit 1977 bis heute dabei. Die Version von Toto, mit der wir gerade spielen, ist wahrscheinlich die, die am nächsten an die Studioaufnahmen rankommt. Wir spielen mehr die Albumversionen; die Aufnahmen, die die Leute hören wollen. Ich liebe noch immer, was ich tue. Ich weiß, dass ich älter werde, aber ich fühle mich nicht so. Ich habe viel Spaß! 

„Mir ist bewusst, dass der Song „Africa“ geographisch keinen Sinn ergibt“

tipBerlin Genau, es ist ja auch sehr interessant, dass momentan so viele junge Leute Toto hören…

Steve Lukather Die Musik ist einfach mein ganzes Leben. Und nach all den Jahren kommt plötzlich diese neue Generation, die uns sehen will, junge Leute. Unser Publikum besteht kaum aus weißhaarigen Leuten. Es gibt ein paar ältere Fans, aber es sieht größtenteils wie ein normales Rockkonzert aus.

„Der Zuwachs an Streamingzahlen wird einfach nicht langsamer. Das ist mit unserer gesamten Diskografie so“

Steve Lukather über die neue Popularität von Toto

tipBerlin Du hast gerade schon euren Song „Africa“ erwähnt: Wie erklärst du dir diesen massiven Erfolg? 

Steve Lukather Ich weiß es nicht! Es kommen Leute zu uns, die „Africa“ mögen, so corny der Song auch ist. Der Text ist dumm, ich gebe es zu, Dave (David Paich, Anm.d.Red.) gibt es zu. Mir ist wohl bewusst, dass der Song geographisch keinen Sinn ergibt. Du kannst den Kilimanjaro nicht von der Serengeti aus sehen (lacht). Es ging darum, einen guten Reim zu finden oder so, keine Ahnung. Ich habe den Text nicht geschrieben. 

Einer der bekanntesten Pophits der 80er-Jahre: „Africa“ aus 1982.

Der Song bedeutet nicht wirklich was, es ist ein lustiger, dämlicher Song. Es ist einfach nur ein Song, der einen tollen Groove und interessante Hooks hat und Leute connecten mit dem Song. Ich liebe es, den Song live zu spielen und zu sehen, dass das Publikum so mitsingt. Aber der Zuwachs an Streaming-Zahlen wird einfach nicht langsamer, nicht nur bei dem Song, es ist mit unserer gesamten Diskografie so. Der Punkt ist: Die Menschen hören uns. Wenn das nicht so wäre, würden sie keine Tickets kaufen und wir würden das alles nicht tun.

Wie Steve Lukather mit Dubstep-Produzent Skrillex im Studio landete

tipBerlin Lass uns von eurem erfolgreichsten Song zu den unbekannteren Songs übergehen: Etwa „We’ll Keep On Running“ auf eurem letzten Studioalbum „Old Is New“. Dieser Song ist in Zusammenarbeit mit Skrillex entstanden. Wie seit ihr mit einem Dubstep-Producer im Studio gelandet?

Steve Lukather Mich hat ein Typ von Atlantic Records angerufen, der meinte, dass Chris (Christopher John Emerson, Anm.d.Red.) von What So Not mit uns arbeiten will und unsere Musik mag. Und dass sein Freund Skrillex mithelfen möchte. Also haben wir uns getroffen: Joseph Williams, David Paich und What So Not. Dann kam Sonny (Skrillex, Anm.d.Red.) und hat ein bisschen rumgespielt, er war ja auch früher Heavy Metal-Gitarrist. Wir haben diesen Song in wenigen Stunden gemacht. Ich habe davor nie mit Leuten zusammengearbeitet, die wirklich elektronische Musik produzieren.

„Ich bin nicht sicher, ob es nochmal so was wie die Beatles geben wird“

Steve Lukather

What So Not und Skrillex haben versucht, ein Riff zu schreiben, das ich nicht spielen kann – sie haben versucht, mich reinzulegen. Dann spielte ich es Chris zurück und der meinte: „Wow, ich dachte nicht, dass du das kannst“. Und ich meinte dann: „Du hast uns alte Leute unterschätzt“ (lacht). Sonny hat uns zu seinem Geburtstag am nächsten Abend eingeladen. Ich habe seitdem nichts von ihm gehört, aber er war sehr nett und ich bin mittlerweile Fan von dem, was er tut. Es war ein schönes Experiment, aber ich hätte mir gewünscht, dass das Plattenlabel den Song mehr promotet hätte, weil der Song bestimmt mehr Aufsehen erregt hätte. 

tipBerlin Als Studiomusiker hast du nach eigenen Angaben auf über 2000 Alben gespielt. Gibt es denn Musiker, mit denen du in der Zukunft noch gerne zusammenarbeiten würdest?

Steve Lukather Ich hätte gerne mal mit Donald Fagen und Walter Becker von Steely Dan Musik gemacht, ich habe nur separat mit den beiden gearbeitet. 1977 wurde ich gefragt, ob ich mit Steely Dan zusammenarbeiten will, aber dann wurde die Tour abgesagt und Toto startete. Und ich liebe Peter Gabriel und Phil Collins, ich mag das alte Genesis-Zeug.

Toto im Februar 1988 vor ihrem ersten Band-Auftritt in Berlin, der im Internationalen Congress Centrum (ICC) in Charlottenburg stattfand. Links: Steve Lukather. Foto: Imago / Brigani-Arts

tipBerlin Die Plattitüde, dass Rock tot sei, hält sich immer noch hartnäckig. Was denkst du darüber?

Steve Lukather Rock ist nicht tot und er wird niemals sterben – ansonsten wäre er das schon. Es gibt Leute, die versuchen das Rad neu zu erfinden, aber es gibt nun mal nur 12 Noten in einer Tonleiter und nur gewisse Töne, die gut zusammen klingen. Es wäre natürlich toll, wenn es so etwas wie die neuen Beatles gäbe, aber ich bin nicht sicher, ob das jemals passieren wird. Die Leute haben 1970 schon gesagt, dass Rock tot sei. Rock ist nur ein Adjektiv für härtere Musik; es ist so ein breitgefasster Begriff mittlerweile. Wir spielen einfach Musik, du kannst es nennen, wie du willst. Und Musik ist nicht tot.

„Ich habe zu viel Zeit in meinem Leben in Hotelzimmern verbracht“

tipBerlin Hat sich denn über die Jahre dein Ansatz verändert, wie du Riffs und Melodien schreibst?

Steve Lukather Es gibt Songwriter, die jeden Tag etwas schreiben. Ich arbeite am besten unter Druck. Und wenn ich etwas tun muss, mache ich es solange, bis es steht. Ich mag es außerdem, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten, weil es mich dazu bringt, Dinge fertig zustellen. Und es führt dazu, dass ich gewisse Ideen nicht wegwerfe, weil dann andere sagen, dass es eine gute Idee ist. 

tipBerlin Du bist schon einige Male mit Toto in Berlin aufgetreten. Hast du denn auch Zeit, die Stadt zu erkunden?

Steve Lukather Ich toure ja schon seit 1977 und die Welt hat sich sehr verändert seitdem. Aber wir haben einen Tag frei in Berlin und ich habe vor, was Gutes zu essen, Freunde von früher zu treffen und was von der Stadt zu sehen. Mein Sohn tourt ebenfalls und so haben wir auch Zeit, zusammen abzuhängen. Also einfach rauszukommen, rumzulaufen und ein gutes Restaurant zu entdecken. Ich liebe Berlin, es ist eine großartige Kunststadt und die Leute sind wirklich hip.

tipBerlin Hast du konkrete Pläne?

Steve Lukather Ich freue mich auf den Gig und darauf, mit meinem Sohn ein paar Museen und alte Kirchen zu besichtigen. Ich will einfach aus dem Hotelzimmer rauskommen. Ich habe zu viel Zeit in meinem Leben in Hotelzimmern verbracht (lacht). Ich kann’s nicht erwarten, nach Berlin zu kommen.

tipBerlin Steve, danke dir für das Gespräch.

  • Toto in der Zitadelle Spandau Am Juliusturm, Spandau, Di 2.7., 19 Uhr, weitere Infos und Tickets hier

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